Leonberger Zeitung vom 27.12.25 | Jürgen Kemmner
Eine wahnwitzige, unüberlegte Schnapsidee war’s also nicht, die sich bei Michael Zsambeki verfangen hatte, trotzdem blieben Alexander Knapp, Timo Essig und Markus Schöck reserviert wie drei feine Damen beim Fünf-Uhr-Tee im britischen Empire. Der Initiator blieb beharrlich, schließlich überzeugte er seine Kollegen, vier Kostüme zu bestellen. Ob er bei der Überredungsarbeit mit Alkohol nachgeholfen hat? Wer weiß?
Das Ergebnis zeigt sich nun nahezu bei jedem Heimspiel der Binder Blaubären des TSV Flacht in der Heckengäusporthalle – also auch am kommenden Sonntag (15 Uhr), wenn der Volleyball-Bundesligist den Dresdner SC empfängt. Das Blaubären-Quartett steht am hinteren Ende der Halle auf der Tribüne und feuert die TSV-Frauen nach Kräften an – sie sind ein fester Bestandteil der Heimpartien geworden und es fällt auf, wenn sie wegen Krankheit fehlen. „Unsere Aktion ist hervorragend angekommen“, erzählt Michael Zsambeki, kurz genannt Zsambe, „mittlerweile feiert es jeder in der Halle.“
Dabei ist es erstaunlich, dass sich die vier Männer regelmäßig in Blaubären verwandeln, denn mit Volleyball hatte lange keiner was am Hut. Es hat sich einfach so ergeben, als der TSV Flacht per Wildcard in der Runde 2023/2024 in der Zweiten Liga Pro der Frauen mitmischte. Michael, Markus und Timo stammen aus Flacht, Alexander spielt beim TSV Fußball, und das Quartett schaute immer wieder bei Heimspielen vorbei. „Im Volleyball gibt es ja so was wie eine Fankultur nicht wirklich“, sagt Zsambeki, „da haben wir überlegt, was wir tun könnten.“ Und weil die Herren-Truppe bereits seit 2019 gemeinsam Karneval im Schotten-Kostüm feiert, war es kein Zufall, dass der 49-Jährige einen Katalog mit Verkleidungen besaß ...
Ihren ersten Einsatz als Blaubären hatte die Flachter Vier am 23. März 2024 beim Auswärtsspiel der Volleyballerinnen in Straubing – für die mitgereisten Fans war es eine Überraschung. „Wir haben nur gesagt, dass wir was vorbereitet haben“, erzählt Zsambeki, „wir haben die anderen in die Halle geschickt und sind in Verkleidung nachgekommen.“ Die Resonanz war überwältigend positiv, die Befürchtungen von Knapp, Essig und Schöck, sich lächerlich zu machen, löste sich auf wie Rauch bei Windstärke 10.
Auch wenn die vier zu Auswärtsfahrten aufbrechen, steckt das Kostüm in der Tasche. Beim 3:1-Erfolg beim ETV Hamburg vor wenigen Wochen wurde das Quartett von zwei älteren ETV-Anhängern angesprochen, die begeistert waren von der Idee, „man kommt so ja schnell mit Leuten ins Gespräch“, berichtet Blaubär Zsambeki, „und bei allen sind wir super gut angekommen.“ Dass das außergewöhnliche Fan-Engagement auch die Funktionäre und Spielerinnen des TSV erfreut, versteht sich von selbst – wobei eine Verschwisterung zwischen männlichen und weiblichen Blaubären noch nicht stattgefunden hat. „Wir kennen keine Spielerin persönlich“, sagt Zsambeki.
Dabei kommen die Vier auf der Tribüne in einer warmen Halle mitunter genauso ins Schwitzen wie die Frauen auf dem Spielfeld. „Wir tragen wenig drunter“, verrät der Ideengeber, „nach dem Tragen sollte das Kostüm in die Waschmaschine.“ Kaltwäsche übrigens. Selbstverständlich, echte Blaubären baden bekanntlich in kaltem Wasser.

