Nach der Niederlage bei der DSHS SnowTrex Köln haben sich die Binder Blaubären Flacht wieder berappelt und beim TV Dingolfing den nächsten Auswärtssieg eingefahren. Die Dingos unter neuer Führung lieferten der Mannschaft von Nico Reinecke einen erbitterten Kampf, erst spät fiel die Entscheidung zugunsten des TSV Flacht.
Dezimierte Blaubären in Bayern
Der TV Dingolfing hatte sich jüngst nach der 2:3-Niederlage gegen die Allbau Volleys Essen von Cheftrainer Moamer Seta getrennt und den langjährigen Erfolgstrainer Andreas Urmann, von dem Seta erst zu Saisonbeginn das Traineramt übernommen hatte, reinstalliert. Nachdem dieser das erste Spiel bei den Roten Raben Vilsbiburg deutlich verloren hatte, waren Urmann und seine Dingos heiß darauf, endlich wieder in die Spur zu finden. Der Doppelspieltag sollte den Dingos einen versöhnlichen Heimspiel-Abschluss bringen. Vor dem Spiel gegen Schlusslicht Freisen stand eine deutlich größere Herausforderung für die Dingos auf dem Programm. Nach dem Bundesliga-Absteiger und Zweitplatzierten aus Vilsbiburg stand dem TVD der Tabellendritte und kommende Erstligist aus Flacht gegenüber. Dies taten die Binder Blaubären jedoch arg geschwächt. Nicht nur fehlte Leonie Büdenbender im Kader, auch Mittelblockerin Chrissi Werner zeigte sich unpässlich. Besonders schmerzte das Team aus dem Heckengäu jedoch der Ausfall von Frauke Neuhaus, die in dieser Spielzeit bislang nach dem Saison-MVP-Titel greift. Zusammen haben Neuhaus und Werner in dieser Saison 10 von Flachts 14 goldenen MVP-Auszeichnungen geholt, sie sind beide also elementare Stützen der Blaubären. Erstmals in seiner Amtszeit musste Coach Nico Reinecke auf beide gleichzeitig verzichten. Die verbliebenen Spielerinnen standen also vor einer schwierigen Aufgabe.
Erneuter Fehlstart für die Flachter
Wie es bei den Blaubären schon beinahe zur ungeliebten Tradition geworden ist, verpasste das Team es abermals, den besseren Start in die Partie für sich zu beanspruchen. Vor 100 Zuschauern gingen die Hausdamen früh mit 5:1 in Front, präsentierten sich sicher und angriffslustig. Flacht brauchte seine Zeit, um ins Spiel zu finden. Beim Stand von 3:8 nahm Nico Reinecke die erste Auszeit und hatte damit prompt Erfolg. Seine Blaubären waren nun deutlich besser in der Partie und kämpften sich bis auf 7:8 an den Gegner heran. Der erste Ausgleich gelang den Flachtern beim 10:10, beim 15:14 gingen sie erstmals selbst in Führung. Ab diesem Zeitpunkt gestaltete sich das Spiel deutlich offener, das Momentum pendelte von einer Seite zur anderen. Flacht gelang es spät im Satz, mehrfach in Führung zu gehen, doch die bissigen Dingos ließen nicht locker und erspielten sich den ersten Satzball. Diesen konnten die Blaubären noch abwehren, der zweite reichte den Gastgebern dann aber. Die unmittelbar zum Aufschlag eingewechselte Nina Herbe setzte den Ball mustergültig genau auf die Grundlinie und verhalf ihrem Team zum 26:24-Triumph. Der Außenseiter hatte den Favoriten ordentlich gefordert und wollte noch mehr.
Flacht schafft den Ausgleich – Binkau entscheidet zweiten Satz
Auch den Auftakt in Satz zwei holten sich die Dingos. Der erste Punkt ging an die Mannschaft von Andreas Urmann, doch diesmal fand der TSV Flacht früher in die Begegnung. Der Tabellendritte, der in den weißen Auswärtstrikots auflief, drehte den Satz und spielte sich in Führung, die im Vorfeld erwarteten Kräfteverhältnisse spiegelten sich nun deutlicher wider. Die Führung der Blaubären hielt stand, obwohl Dingolfing keinesfalls zahnlos agierte. Die Rollen aus Satz eins hatten sich gedreht, inzwischen war es der TVD, der sich immer wieder an den führenden Gegner heranspielte und jedes Mal zurückgeschlagen wurde. Am Schluss war es Hanne Binkau, die den letzten Angriff des Satzes zum 25:18 versenkte und ihrer Mannschaft den Ausgleich brachte.
Pause schadet den Blaubären – Fehler häufen sich
Nach einer 10-minütigen Unterbrechung, die von einer Modellflugzeug-Show gefüllt wurde, fand der Gastgeber besser in die Partie. Die erste Auszeit nahm Nico Reinecke beim Stand von 3:7 und wieder war diese von Erfolg gekrönt, die Blaubären verkürzten auf einen Zähler. Es folgte ein enges Rennen um den ersten Punkt des Spiels. Diesen holte sich die Mannschaft von Andreas Urmann am Ende mit einem Block, den Christina Varela gegen Britta Schammer stellte. Damit hatten die Außenseiter mit einem 25:18 den ersten Punkt nach dem Trainerwechsel geholt und griffen nun nach dem Dreier. Besonders bitter: Flacht schenkte den Gegnern ganze neun Punkte durch eigene Fehler, was in diesem Durchgang durchaus einen wichtigen Faktor darstellte.
Schammer macht es – Blaubären in den Tiebreak
Der vierte Satz wurde erneut richtungsweisend. Würden sich die Blaubären den Tiebreak erkämpfen und die Chance auf einen Punktgewinn in Dingolfing wahren können? Oder sollte es den spektakulären Erfolg der Dingos geben? Flacht zeigte die gesamte Kämpfermentalität, die in der Mannschaft von Nico Reinecke steckt. Seine Spielerinnen warfen sich in jeden Ball, den die Offensive der Dingos ihnen entgegenbrachte und erspielte sich Punkt für Punkt. Auch eine späte Dingolfinger Führung schockte die Blaubären nun nicht mehr. Nachdem die Gastgeber den ersten Flachter Satzball abgewehrt hatten, sicherte Britta Schammer mit einem starken Angriffspunkt über die rechte Seite den zweiten Satzgewinn für die Blaubären und führte sie somit in den Tiebreak, wo die TSV-Damen mit den Dingos um den zweiten Punkt rangen.
Schwung mitgenommen – Flacht fährt den Sieg ein
Die Binder Blaubären nahmen das Momentum aus dem vierten Satz mit und schickten die Niederbayern schon früh mit 0:3 in die erste Auszeit. Andreas Urmann schien die richtigen Worte gefunden zu haben, denn Dingolfing konnte ausgleichen und den Blaubären in der Folge ein enges Duell liefern. Beim Seitenwechsel führte Flacht mit 8:7. Doch jetzt spielten die Blaubären den Satz souverän zu Ende. Dingolfings Punkt zum 10:12 war der letzte für die Hausdamen, die letzten drei holte Flacht sich am Stück. Antonia Herpich schlug den letzten Angriff am Feld vorbei und beendete ein Spiel, das durchaus anders gelaufen war, als es im Vorfeld erwartet wurde.
Zuschauer bekommen wenig Ansehnliches
Für den Zuschauer war das Spiel bei weitem kein Augenschmaus, in erster Linie prägten individuelle Fehler das Spiel auf beiden Seiten. Allein 28 Punkte holten die Blaubären aufgrund von Patzern der Dingos. Auf der anderen Seite war es noch deutlicher. Ganze 36 entscheidende Fehler unterliefen den Blaubären. In den letzten beiden Sätzen gelangen den Dingos nur 33 Punkt, Flacht hatte mehr als einen Satz komplett verschenkt. So deutlich diese Zahl ist, sie ist längst nicht Flachts negativer Top-Wert in der laufenden Spielzeit. Im Auswärtsspiel in Berlin im vergangenen Oktober verteilten die Blaubären ganze 46 Geschenke an den BBSC und gaben somit fast zwei volle Sätze her. Nachdem Flacht bereits im vorherigen Auswärtsduell gegen SnowTrex Köln 38 Punkte durch eigene Fehler vergeben hatte, bleibt zu hoffen, dass die Blaubären diese Fehleranfälligkeit für die verbleibenden Spiele wieder überwinden und zurück zu ihrer Bestform finden können, die sie in dieser Saison so stark macht und in die obersten Tabellenränge geführt hat.
Endlich wieder Gold für Julia Cedeño
Es war am Ende nicht nur ein Spiel der Fehler, sondern auch der Kapitäne. Sowohl Dingolfings neue Spielführerin Samira Winkler als auch Flachts Kapitänin Julia Cedeño wurden am Ende mit der jeweiligen MVP-Medaille ausgezeichnet. In Abwesenheit von Top-Scorer Frauke Neuhaus lief das Spiel der Blaubären vor allem über die Erstliga-erfahrene Kapitänin. Sie verzeichnete die meisten Aufschläge, die meisten Angriffe und die meisten Punkte für den TSV, wobei sie mit 20 Zählern ihre im vorherigen Spiel gegen Köln aufgestellte Saison-Bestmarke von 17 direkt wieder überbot. Cedeño beschrieb die Partie im Nachgang als „sehr herausfordernd“. Sie lobte die starke Abwehrleistung der Dingolfinger und verwies auf die etlichen langen Ballwechsel während des Spiels. „Wir haben es nicht geschafft, konstant zu spielen und mussten deshalb zurecht einen Punkt liegen lassen“, räumte die Außenangreiferin ein. Besonders die Abwesenheit von Frauke Neuhaus, mit der Cedeño bereits in 32 Erstliga-Partien gemeinsam auf dem Feld stand, schmerzte das Team erheblich. „Man hat auf jeden Fall gemerkt, dass Frauke gefehlt hat. Sie ist nun mal unsere beste Angreiferin und macht im Spiel ihre 15-20 Punkte. Das muss man als Team erstmal kompensieren“, erklärte die Kapitänin die schwierigen Umstände, denen das Team getrotzt und den Sieg eingefahren hatte. „Zeitweise hat das auch gut geklappt und am Ende hat es für ein 3:2 gereicht. Uns war wichtig, das Spiel zu gewinnen und unseren dritten Platz zu verteidigen“, resümierte die 26-Jährige. Nachdem sie nach der Auswärtspleite beim VfL Oythe ihre erste Medaille in der laufenden Saison empfangen hatte, konnte sie sich nun auch ihre erste goldene in der aktuellen Spielzeit sichern. Ein Erlebnis, das für die Kapitänin, die schon einmal MVP in der 1. Bundesliga wurde (Saison 2018/19 für NawaRo Straubing), schon länger her ist. Dennoch stellte dies ein historisches Ereignis dar. Cedeño holte ihre erste und bis zum Wochenende letzte Goldmedaille für die Binder Blaubären Flacht in der vergangenen Saison, im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen. Sie wurde damit zu Flachts erster MVP in der jungen Bundesliga-Geschichte des Vereins. Andreas Urmann setzte der langen Wartezeit nun ein Ende und krönte Flachts Nummer 12 zur besten Spielerin beim TSV Flacht. Das wollte die bereits im zweiten Jahr als Kapitänin vorangehende „Jules“ Cedeño jedoch nicht überbewerten: „Ich freue mich natürlich darüber, aber der Sieg bedeutet mir mehr als eine MVP-Auszeichnung. Man gewinnt und verliert als Mannschaft“, stellte sie den Teamgedanken weit über den Ruhm ihrer Einzelleistung.
Reinecke hadert mit den Fehlern
Trainer Nico Reinecke zeigte sich wenig zufrieden mit dem Spielverlauf, nach dem er auch ein 3:0 für den TV Dingolfing als nicht ungerechtfertigt angesehen hätte. „Wir haben absolut nicht auf unserem Niveau gespielt. Vielleicht in einzelnen Spielzügen, vielleicht in kurzen Spielphasen, aber eigentlich sind wir nie auf unser Niveau gekommen“, kritisierte der Übungsleiter, der sich über den verschenkten dritten Punkt ärgerte. Jedoch wollte er nicht alles schlecht machen und verwies auf den Umstand, dass seine Mannschaft letztlich noch mit einem blauen Auge davon gekommen war: „Aber wir haben zumindest gewonnen. Man kann der Mannschaft auf jeden Fall anrechnen, dass sie gekämpft hat und sich nicht aufgegeben hat.“ Die zu Tage getretenen Schwachstellen im Spiel seines Teams wolle man in der kommenden Trainingswoche angehen, Reinecke sagte, man werde „die Qualitätsmaßstäbe im Training hochsetzen und mehr einfordern“, um zukünftig wieder Bestleistungen zu präsentieren.
Kampf um Platz drei bleibt offen
Der Kampf um die besten Plätze geht in die heiße Phase. An der Spitze enteilen die Skurios Volleys Borken, die am Samstag im Spitzenspiel den ärgsten Verfolger Vilsbiburg mit einem klaren 3:0 deutlich in die Schranken wies. Aktuell hat Borken zwei Spiele mehr gespielt als die Roten Raben, der Vorsprung von mittlerweile elf Punkten wirkt aber schon nahezu uneinholbar. Auf den dritten Platz bleiben weiterhin die Binder Blaubären Flacht, die sich mittlerweile seit drei Wochen auf dem Treppchen halten. Doch die Luft wird dünner. Nachdem die BayerVolleys Leverkusen lange weniger Partien absolviert hatten als die Blaubären, hat die Mannschaft aus dem Rheinland am Wochenende mit zwei gespielten Partien und fünf errungenen Punkten die Lücke deutlich verkleinert. Mit einem Spiel weniger steht Leverkusen jetzt punktgleich mit Flacht auf Rang vier. Dahinter folgt SnowTrex Köln, die nur drei Zähler Rückstand auf die Blaubären haben. Für Flacht geht es damit nun in die Wochen der Wahrheit, die darüber entscheiden werden, wo man sich am Ende der Saison positionieren wird. Dabei ist die Abschlussplatzierung vor allem Kür, der Aufstieg ist den Blaubären bereits sicher.
Wir gratulieren unseren Binder Blaubären zu diesem Arbeitssieg und drücken die Daumen für die nächsten Spiele.
Text: Flemming Nave
Foto: Johann Böhm