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 Die Maxime lautet: Aber locker bleiben

Die Maxime lautet: Aber locker bleiben

Frauke Neuhaus kennt die immense Bedeutung des Kellerduells der Blaubären Flacht beim SSC Freisen – doch sie macht sich deshalb nicht verrückt und bringt ihre reichhaltige Erstliga-Erfahrung ein, um vor allem die jungen Spielerinnen in der schwierigen Phase zu führen!

Leonberger Kreiszeitung vom 23.02.2023 - von Jürgen Kemmner

Frauke Neuhaus kennt dieses Gefühl. Dieses Alles-oder-nichts-Gefühl vor einem Spiel. Diesen gefühlten Druck, alles richtig machen zu müssen, um nicht am Ende mit leeren Händen dazustehen. „Ich hatte schon einige solcher Spiele, in denen es um sehr viel ging“, sagt die Volleyballerin, „ich weiß, was da so abgeht – aber ich weiß nicht mehr, wie diese Begegnungen jeweils ausgegangen sind.“

Nun steht die nächste Partie dieser herausfordernden Kategorie für die 30-Jährige bevor. Kellerduell. Abstiegsendspiel. Ultimatives Entscheidungsspiel. So könnte man das Spiel der Binder Blaubären des TSV Flacht an diesem Samstag (18.30 Uhr) beim SSC Freisen ein wenig martialisch apostrophieren, wenngleich die Bedeutung diese Zuspitzung durchaus zulässt.

Die Blaubären liegen sieben Punkte vom rettenden Ufer der Zweiten Liga Pro entfernt, das Team aus dem Saarland sogar acht. Eine Niederlage wäre rechnerisch noch nicht der unvermeidliche Stoß in Richtung zweite Liga, er wäre aber womöglich ein mentaler Knock-out, von dem sich das Verlierer-Team vielleicht nicht mehr erholen würde. „Wenn Freisen an uns vorbeiziehen würde“, räumt auch Frauke Neuhaus ein, „dann wird es mit dem Klassenverbleib sehr schwer.“

Doch Gedanken ans mögliche Scheitern lässt die ehemalige Bundesliga-Spielerin nicht zu, ihr Auftrag lautet: Positiv bleiben! Motivieren! Denn mit ihrer Erfahrung, die die Angreiferin bei den Erstligisten SSC Palmberg Schwerin, VC Wiesbaden, Nawaro Straubing und den Ladies in Black aus Aachen gesammelt hat wie Schulkinder Fußball-Sammelbildchen, ist Frauke Neuhaus neben Kapitänin Julia Cedeno die Führungsspielerin bei den Blaubären. „Ich versuche, voranzugehen und meine Erfahrung weiterzugeben“, erzählt die gebürtige Mannheimerin, „aber das mache ich nicht nur vor wichtigen Spielern, sondern so verhalte ich mich bereits die gesamte Saison.“

Deshalb bleibt sie positiv und betont nicht eigens die Bedeutung der Partie in Freisen. Locker bleiben, das hat sich Frauke Neuhaus auf die imaginäre Fahne geschrieben, und das versucht sie in den Trainingseinheiten vorzuleben. „Wir gehen dieses Spiel an wie jedes zuvor, mit dem gleichen Fokus, mit den gleichen Routinen“, betont sie, „wenn wir etwas Besonderes draus machen, erhöht das den Druck – und das wäre nicht förderlich.“ Freisen hin, Freisen her: Der Blick der Mannschaft soll nicht darauf gerichtet sein, welche Folgen sich aus dem Kellerduell ergeben, sondern darauf, im Spiel die bestmögliche Leistung abzurufen.

Denn auch das könnte kompliziert werden – weil die Geschichte dieser Saison einen vorsichtigen Trend herausgebildet hat: Je stärker der Gegner der Blaubären, umso besser präsentieren sich die Flachter Frauen. Gegen Spitzenreiter SW Erfurt und den Tabellenzweiten Snowtrex Köln agierten die Blaubären lange auf Augenhöhe, gegen Köln wäre ein Satzgewinn möglich gewesen, und gegen ESA Grimma (damals Fünfter) feierten sie einen Sieg. Andererseits unterlag der TSV häufig gegen Abstiegskonkurrenten: Zweimal gegen Essen (2:3, 0:3), zuletzt in Borken (0:3) und im Hinspiel setzte es in eigener Halle ein böses 1:3 gegen den SSC Freisen.

„Uns fehlt die Konstanz“, sagt Frauke Neuhaus und unterstreicht so einen Kritikpunkt, den Trainer Nico Reinecke in dieser Saison bereits so häufig angeprangert hat wie die deutschen Bauern die Politik der Ampel-Regierung. Diese mangelnde Konstanz speist sich vor allem aus eigenen Fehlern, Neuhaus hat beim 0:3 gegen Köln insgesamt 13 vermeidbare Patzer in ihrem Team gezählt, „das macht sozusagen einen halben Satz aus“, bemerkt die 30-Jährige, die bereits achtmal zur wertvollsten Spielerin der Blaubären gewählt worden ist. Macht in 16 absolvierten Spielen eine Quote von 50 Prozent.

Nicht nur für Frauke Neuhaus wäre es höchst erfreulich, wenn sich der kleine Club aus dem Heckengäu in der Zweiten Liga Pro halten würde. Sie schätzt das Umfeld, das „in kürzester Zeit unglaublich professionell aufgestellt“ wurde, sie mag die familiäre Atmosphäre bei den Blaubären und sie kann die Volleyball-Leidenschaft der handelnden Personen spüren. Dieses besondere Gefühl hatte die weit gereiste Volleyballspielerin Frauke Neuhaus nicht überall.