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Historischer Auftakt in Erfurt: Binder Blaubären debütieren in der 1. Bundesliga

Für die Binder Blaubären TSV Flacht beginnt am Samstag, den 11. Oktober 2025, ein neues Kapitel in der Vereinsgeschichte: Die 1. Damen-Mannschaft gibt um 18:30 Uhr mit einem Auswärtsspiel gegen Schwarz-Weiß Erfurt ihr Debüt in der 1. Volleyball-Bundesliga. In der Riethsporthalle in Erfurt trifft das Team aus Flacht auf einen alten Bekannten. Noch vor zwei Jahren standen sich beide Mannschaften in der damaligen 2. Bundesliga Frauen Pro gegenüber, welche ab dieser Saison unter dem Namen "Sparda 2. Liga Pro" läuft – ein Wiedersehen, das nun auf höchstem nationalen Niveau stattfindet.

Mehr als nur ein Team: Die Binder Blaubären stellen sich vor

Die Blaubären sind die Speerspitze der stetig wachsenden Volleyballabteilung des traditionsreichen TSV Flacht 1903 e. V., die 1995 gegründet wurde und heute fast 200 aktive Mitglieder zählt. Ihren klangvollen Namen verdankt die Mannschaft der Partnerschaft mit der BINDER Gruppe aus Mönsheim, einem Spezialisten für Schmuckketten und Trauringe, der das ambitionierte Projekt maßgeblich unterstützt. Nachdem die Blaubären in der Saison 2023/24 mit einer Wildcard in die neu geschaffene 2. Bundesliga Frauen Pro gestartet waren, gelang nun im Rahmen eines besonderen Paketaufstiegs der Sprung in die Beletage des deutschen Volleyballs. Die Mannschaft verkörpert Teamgeist, Engagement und die Freude an der stetigen Weiterentwicklung. Dabei gehen die Binder Blaubären als klarer Underdog der Liga mit großer Demut und dem nötigen Respekt an ihre erste Erstliga-Saison heran.

Intensive Vorbereitung unter neuem Trainer

Der Weg in die 1. Bundesliga erforderte eine ebenso intensive wie fokussierte Vorbereitung. Diese startete im August unter dem neuen Cheftrainer Manuel Hartmann. Hartmann bringt wertvolle Erfahrung aus dem Trainerteam deutscher U-Nationalmannschaften sowie von renommierten Erstliga-Vereinen mit. Die Vorbereitungsphase beinhaltete Trainingseinheiten in der Schweiz und Testspiele in der eigenen Halle, um das Team optimal auf das höhere Niveau einzustellen.

Der Blick auf das erste Duell mit Schwarz-Weiß Erfurt

Vor dem Saisonauftakt zeigt sich Trainer Hartmann optimistisch, aber realistisch. Er ist mit den Fortschritten der letzten Wochen zufrieden und berichtet, dass man alle geplanten Baustellen angegangen sei. „Wir sind alle schon sehr gespannt und freudig aufgeregt, dass es endlich losgeht. Wir sind für die Vorbereitungszeit, die wir zur Verfügung hatten, wirklich gut vorbereitet“, so Hartmann. Er betonte jedoch auch, dass es schwer sei, eine Ergebnisprognose abzugeben, da es für beide Teams das erste Spiel der Saison sei, in dem es "um wirklich etwas geht". Das Ziel ist klar: Die Blaubären sollen den Mut und die Trainingsleistungen aus den letzten Tagen auf das Feld bringen. Als Neuling haben sie dabei nichts zu verlieren und wollen genau diesen Mut von Anfang an zeigen. „Ich hoffe, dass wir es schaffen, das Spiel so mutig anzugehen, wie wir die letzten Tage trainiert haben, und damit kann ich mir vorstellen, dass wir das Spiel eng gestalten können. Und dann mal gucken, was am Ende bei rausspringt“, so der Trainer über die Erwartungen an das historische Debüt. Die Fans können sich auf einen spannenden Kampf freuen, wenn die Binder Blaubären in der Riethsporthalle ihre Erstliga-Premiere feiern.


SWR: "Man muss wohl ein bisschen positiv bekloppt sein" - Die Blaubären aus Flacht in der Bundesliga

Kleiner Ort, große Ziele - der TSV Flacht spielt jetzt Bundesliga. Mit Mut, Leidenschaft und viel Ehrenamt startet der Dorfverein ins größte Abenteuer seiner Vereinsgeschichte.

Vom Dorfverein zum Bundesligisten

Zwischen Fachwerk und Feldern liegt Flacht, ein Ortsteil der Gemeinde Weissach zwischen Leonberg und Stuttgart. Wer hier Volleyball spielt, tut das aus Leidenschaft und bis vor einigen Jahren wohl kaum mit dem Gedanken, eines Tages Bundesliga zu spielen. Doch genau das ist passiert: Die "Blaubären" vom TSV Flacht sind in die höchste deutsche Spielklasse aufgestiegen.

"Das war immer unser großer Traum - hochklassiger Volleyball hier im eigenen Verein", sagt Manager Michael Kaiser. Dass es nun so weit ist, kann selbst er kaum glauben: "Das ging alles unglaublich schnell. Aber es erfüllt uns natürlich mit Riesenstolz."

Ein Dorf, das spinnt - im besten Sinne

Vor drei Jahren noch dritte Liga, heute Bundesliga. Möglich wurde das durch viel Idealismus, Fleiß - und eine Prise "positive Beklopptheit", wie Kaiser es nennt. "Mut gehört da sehr, sehr viel dazu. Man muss schon ein bisschen verrückt sein, um sowas durchzuziehen."

Denn professionell ist abgesehen von der Leistung bisher eher wenig. Das meiste läuft noch auf freiwilliger Basis - von der Organisation bis zur Betreuung. "Momentan sind wir komplett ehrenamtlich, außer Mannschaft und Trainer", erklärt Kaiser. "Aber das wird nicht so bleiben. Wenn sich das hier weiterentwickelt, müssen wir Stück für Stück Richtung Hauptamtlichkeit gehen. Sonst ist das auf Dauer nicht zu stemmen."

Trainer mit Erfahrung, Team mit Hunger

Für diesen nächsten Schritt holte sich Flacht einen Profi: Manuel Hartmann. Der ehemalige Cheftrainer der deutschen Jugendnationalmannschaften soll mit seiner Erfahrung Struktur und Ruhe bringen und das junge Team an die Bundesliga heranführen.

"Ich habe das Gefühl, dass hier alle realistisch sind", sagt Hartmann. "Niemand erwartet, dass wir sofort im Mittelfeld mitspielen. Es geht erstmal darum, anzukommen."

Die Mannschaft besteht überwiegend aus jungen Spielerinnen aus der Region. Viele studieren oder arbeiten nebenbei. Außenangreiferin Hanna Kögler sagt: "Als Aufsteiger können wir da frische Energie reinbringen, einfach mal ein bisschen was anderes." Ihre Teamkollegin Franka van der Veer ergänzt: "Man darf uns nicht unterschätzen. Wir haben unsere Qualitäten und unsere Ziele."

Nachwuchs statt Einkaufstour

Der TSV Flacht setzt weiter auf eigene Talente: "Unser Ziel ist es, jedes Jahr ein bis zwei junge Spielerinnen zu entwickeln, die dann den Sprung schaffen", sagt Manager Kaiser. Fast alle im Kader stammen aus der Region

Das liegt auch daran, dass die Bundesliga Herausforderungen mit sich bringt, besonders finanziell. Selbst Traditionsklubs wie Potsdam kämpfen ums Überleben. "Das ist schlimm, aber zeigt, wie hart das Geschäft ist", sagt Kaiser. "Auch wir müssen um jeden Euro kämpfen." Flacht sucht deshalb den Austausch mit Vereinen wie dem MTV Stuttgart, um Strukturen zu schaffen, von Athletik über Physio bis zur Organisation. Ohne professionelle Unterstützung geht es auf Dauer nicht.

Die Bärenhohle lebt

Emotional ist Flacht schon erstligareif. Die "Bärenhöhle", die heimische Halle, war zuletzt beim Pokalspiel gegen Stuttgart ein Hexenkessel. Nun wartet das Wiedersehen gegen den Lokalrivalen in der Liga. "Eine riesige Herausforderung", sagt Außenangreiferin Lea Finger. Zwei Jahre ohne Absteiger geben den Blaubären allerdings Zeit, sich zu etablieren. Vielleicht sogar längerfristig in der ersten Liga. Zum Auftakt geht es gegen den Letztplatzierten der Vorsaison. Bei Schwarz-weiß Erfurt will der TSV den ersten Sieg holen.

Quelle: https://www.swr.de/

Stand
Autor: Leon Doumen
Das Interview führte: Kersten Eichhorn

Dieses Thema im Programm:
Samstag, 11.10.2025 19:30 Uhr,SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW


Entwicklung ist wichtiger als die Ergebnisse

Die Volleyballerinnen aus Flacht sind nach dem Paketaufstieg von drei Zweitligisten mindestens drei Jahre lang erstklassig – ein richtiger Bundesligist müssen sie aber noch werden.


Stuttgarter Zeitung vom 10.10.2025 | Jochen Klingovsky

Dass sie einen mutigen Schritt wagen, dessen sind sich die Verantwortlichen der Binder Blaubären TSV Flacht bewusst. Übermut allerdings ist nicht im Spiel: Der Verein geht seine erste Saison in der Volleyball-Bundesliga der Frauen mit großem Realismus an.

„Siege zu erwarten wäre falsch, auch wenn wir alles dafür tun werden, um möglichst oft zu punkten“, sagt Sportdirektor Jan Lindenmair vor der Auftaktpartie an diesem Samstag (18.30 Uhr) in Erfurt, „wir sind sehr demütig, denn wir wissen, dass wir – Stand heute – ein Zweitligist sind, der erstklassig spielt.“ Doch dabei soll es nicht bleiben.

Weil es in der vergangenen Saison nur neun Bundesligisten gab, von denen längst nicht alle finanziell gesund waren, bot der Liga-Verband (VBL) ambitionierten Zweitligisten einen Paketaufstieg an. Neben dem Meister Skurios Volleys Borken nahmen auch die Binder Blaubären TSV Flacht (6.) und der ETV Hamburg (7.) diese Chance wahr – zwei Vereine aus dem Mittelfeld, die nur ein paar Spiele mehr gewonnen als verloren hatten, sich aber viele Gedanken über Perspektiven gemacht haben. „Wir sind nicht nur mutig, sondern auch ehrgeizig“, erklärt Jan Lindenmair, „wir haben das Potenzial, um uns sportlich und wirtschaftlich weiterzuentwickeln – und wir glauben, dass dies als Bundesligist besser geht als in der zweiten Liga.“ Zumal es zeitlichen Spielraum gibt.

In der Saison 2025/26 und der Saison 2026/27 können die drei Aufsteiger nicht absteigen, sie haben also die Garantie, zumindest drei Jahre erstklassig zu sein. „Dann werden wir sehen, wo wir stehen“, sagt Jan Lindenmair, der von 2009 bis 2013 Trainer von Allianz MTV Stuttgart war, „und ob es uns gelungen ist, uns in der Bundesliga zu etablieren.“ Bis dahin? Gibt es reichlich Arbeit.

Die Binder Blaubären TSV Flacht und ihr Manager Michael Kaiser haben bereits jetzt viel getan, um bestmöglich auf die Bundesliga vorbereitet zu sein. Der Etat wurde gesteigert, die Qualität der Mannschaft erhöht, am Eventcharakter der Heimspiele gearbeitet. Für den Neuling waren das große Entwicklungsschritte, im Vergleich zur Konkurrenz aber kam der Club kaum voran. Das beste Beispiel sind die Finanzen: Es ist eine beachtliche Leistung, das Jahresbudget von 250 000 Euro auf rund 350 000 Euro zu erhöhen, was jedoch nichts daran ändert, dass der Abstand zu Topvereinen wie dem SSC Palmberg Schwerin oder Allianz MTV Stuttgart, deren Etats sich weit jenseits der Marke von zwei Millionen Euro bewegen, riesig geblieben ist. „Wir spielen zwar unter etwas besseren Rahmenbedingungen als in der zweiten Liga“, erklärt Sportdirektor Lindenmair, „doch die Klasse unserer Gegner ist komplett anders.“ Und auch der Grad der Professionalisierung.

Der TSV Flacht hat in Manuel Hartmann zwar erstmals einen Profitrainer verpflichtet, drei Viertel der Spielerinnen aber arbeiten in Vollzeit, der Rest ist tagsüber im Studium gefordert. Die wöchentlich vier Einheiten fürs Team finden allesamt abends statt, die beiden, die zusätzlich morgens angeboten werden, erfreuen sich eher geringer Resonanz.

„Das Niveau der Bundesliga ist in den letzten zehn Jahren an der Spitze zwar gestiegen, insgesamt aber mangels Masse eher gesunken, und trotzdem sind uns die Teams aus der Tabellenmitte wie Wiesbaden, Aachen, Münster oder Suhl immer noch meilenweit voraus“, sagt Jan Lindenmair, „bei uns spielt niemand unter Profibedingungen.“ Was am Reiz nichts ändert.

Die Vorfreude der Flachter Volleyballerinnen auf die neue Saison und ihre Herausforderungen ist nicht nur bei den Bundesliga-Debütantinnen groß, sondern auch bei Frauke Neuhaus, Leonie Büdenbender oder Roxana Vogel, die schon Erfahrungen in der deutschen Eliteklasse gesammelt haben. Vor allem auf die Qualitäten von Außenangreiferin Neuhaus (32), die nach ihrer Zeit bei Allianz MTV Stuttgart II in Aachen, Straubing, Wiesbaden und Schwerin aufschlug, setzt der Aufsteiger. „Sie ist unsere wichtigste Spielerin“, sagt der Sportchef, „nicht nur, weil sie immer noch viel Power im Arm hat.“ Sondern auch als Führungsfigur.

Schließlich ist es gut möglich, dass der Zusammenhalt im Team auf eine harte Probe gestellt wird – wenn gute Resultate ausbleiben. „Wir machen derzeit im Verein das Beste aus unseren Möglichkeiten“, erklärt Jan Lindenmair, dessen Mannschaft ihre Heimpremiere am Mittwoch, 15. Oktober, gegen den USC Münster feiert, „und trotzdem kann es passieren, dass wir in dieser Saison zwar mithalten, aber wenig bis gar nichts gewinnen. Das wäre traurig, würde uns aber nicht entmutigen.“ Weil die Entwicklung wichtiger ist als die Ergebnisse.